Astronomieseiten von Dr. Rainer Haas



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Gammaastronomie

Dr. Rainer Haas

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Allgemeines

Der Gammabereich schließt bei einer Wellenlänge von 0,01 nm an den Röntgenbereich an. Er ist zu kürzeren Wellenlängen nicht begrenzt. Gammastrahlung wird vollständig von der Atmosphäre absorbiert.

Die Strahlung höchster Energie, die kosmische Strahlung bzw. ihre Folgeprodukte können optisch als Tscherenkow-Strahlung sowie als hochenergetische Teilchen mit Zählrohren auf der Erde detektiert werden.



Entwicklung der Gammaastronomie

Ab 1967 wird von VELA-Aufklärungssatelliten kosmische Gammastrahlung detektiert.

1969 wird durch Beobachtungen des Gammasatelliten OSO 3 (Orbiting Solar Observatory) eine erste Abschätzung der Verteilung kosmischer Gammaquellen möglich. Aus dem galaktischen Zentrum wird Gammastrahlung mit Energien > 1 MeV detektiert.

Die Gammasatelliten SAS II (1972/73) und COS B (1975-1982) führen die erste Himmelsdurchmusterung im Energiebereich von 30 MeV bis 3 GeV durch. Als Einzelquellen werden die Gammapulsare Crab, Vela und Geminga, die Gammaquelle Cyg X-3, sowie der Quasar 3 C 273 untersucht.

-- cosb_gce.gif: Gamma-Durchmusterung der Milchstraße durch COS-B

Die Satelliten HEAO-3 (1979-81) und Solar Maximum Mission (SMM, 1980-89) führen im niederenergetischen Gammabereich (100 keV bis 10 MeV) Untersuchungen an der Sonne sowie an kosmischen Gammaquellen durch. Von HEAO-3 wird erstmals die 1,8 MeV-Linieinstrahlung des 26Al nachgewiesen.

1991 wird der Gammasatellit CGRO (Compton Gamma Ray Observatory) gestartet. Er untersucht kosmische Gammastrahlung im Energiebereich von 30 keV bis 30 GeV. Dieser erfolgreichste aller Gammasatelliten ist 1998 noch in Betrieb und führt weiterhin wissenschaftliche Beobachtungen durch.

Beispielhaft sind die Himmelsdurchmusterungen von CGRO in den Wellenlängenbereichen 1-3 MeV, 10-30 MeV und > 100 MeV dargestellt.

-- comsky3.jpg: Himmelsdurchmusterung im Wellenlängenbereich 1-3 MeV; CGRO

-- comsky1.jpg: Himmelsdurchmusterung im Wellenlängenbereich 10-30 MeV; CGRO

-- egret1.gif: Himmelsdurchmusterung im Wellenlängenbereich > 100 MeV; CGRO



Prozesse der Entstehung von Gammastrahlung

Folgende Prozesse der Entstehung von Gammastrahlung sind bekannt:



a) Bremsstrahlung:

Trifft ein Elektron hoher Energie (großer Geschwindigkeit) einen Atomkern, wird er von diesem abgelenkt und emittiert Energie im Gammabereich (ab ca. 100 keV). Die Energie des Gammaphotons ist abhängig von der Energie des Elektrons, die Bremsstrahlung ist eine Kontinuumstrahlung.



b) Kernreaktionen:

Stößt ein Proton mit einer Energie von ca. 10 MeV auf einen Atomkern, so werden kurzzeitig (10-10 s) ein oder mehrere Nukleonen auf ein höheres Energieniveau angehoben. Beim Rückfall der angeregten Nukleonen in den Grundzustand wird eine charakteristische, elementspezifische Linienstrahlung emittiert. Gleiches geschieht beim Einfang von Neutronen durch Protonen.

Bei einer Stoßenergie des Protons von mehr als 100 MeV werden pi-Mesonen (Pionen) gebildet.

Ungeladene Pi-Mesonen zerfallen in 10-16 s in zwei Gammaquanten der Energie 69 MeV. Aufgrund der kurzen Lebensdauer der ungeladenen Mesonen besitzen diese beim Zerfall noch eine beträchtliche kinetische Energie vom Protonenstoß, wodurch die 69 MeV-Linie verbreitert wird.

Bei der Proton-Antiproton-Paarzerstrahlung werden ebenfalls zwei Photonen der Energie 69 MeV gebildet, die Linie ist ebenfalls breit.

Positiv geladene Pi-Mesonen zerfallen in ein Positron und Neutrinos. In einer Folgereaktion reagiert das Positron und ein Elektron unter Bildung von 2 Photonen der Energie 511 keV (Annihilationsstrahlung). Die 511 keV-Linie ist im Gegensatz zur 69 MeV-Linie schmal.



c) Inverser Comptoneffekt:

Trifft ein hochenergetisches Elektron auf ein niedrig energetisches Photon, wird Energie vom Elektron auf das Photon übertragen. Ein Elektron der Energie von 10 GeV ist in der Lage, ein Photon des sichtbaren Spektralbereiches in ein Gammaphoton der Energie 500 MeV umzuwandeln. Die Gammastrahlung, die durch inversen Compton-Effekt erzeugt wurde, ist eine Kontinuumstrahlung.



d) Synchrotronstrahlung:

Bewegt sich ein Elektron in einem Magnetfeld, so emittiert es Synchrotronstrahlung mit einer Energie, die proportional der Magnetfeldstärke senkrecht zur Bewegungsrichtung und zur Geschwindigkeit der Elektronen ist. Abhängig von der Elektronenenergie und Magnetfeldstärke kann Synchrotronstrahlung in allen Wellenlängenbereichen auftreten. Gammaphotonen werden durch hochenergetische Elektronen in starken Magnetfeldern erzeugt. Die Synchrotronstrahlung ist eine Kontiuumstrahlung.



e) Gammastrahlung radioaktiver Isotope:

Radioaktive Isotope können bei der Umwandlung in weitere radioaktive Isotope bzw. stabile Elemente Gammastrahlung emittieren. Die emittierte Strahlung ist eine Linienstrahlung. Die wichtigsten Linien sind die des 26Al (1,8 MeV) sowie des 57Co (122 keV).

In der Abbildung sind die einzelnen Reaktionen dargestellt.

-- gamma.jpg: Prozesse der Entstehung von Gammastrahlung



Beobachtungsobjekte im Gammabereich

Gammastrahlung der Sonne

Bei starker Sonnenaktivität (Flares) emittiert die Sonne Gammastrahlung, die von hochenergetischen Elektronen und Protonen in der Sonnenumgebung über einen weiten Energiebereich (MeV- bis GeV-Bereich emittiert werden. Zusätzlich wird eine Linienstrahlung bei 2,2 MeV beobachtet, die beim Einfang von Neutronen durch Wasserstoffkerne emittiert wird. Die Abbildung zeigt die Sonne während des Flares am 11.6.91 im Gammalicht > 50 MeV.

-- gammasol.jpg: Gammastrahlung der Sonne am 11.6.91 im Energiebereich > 50 MeV; CGRO



Schwarze Löcher in Röntgen-Binärsystemen

Schwarze Löcher können nur durch Wechselwirkung mit ihrer Umgebung beobachtet werden. Ist das schwarze Loch Bestandteil eines Doppelsternsystems, wird aus dem Stern aufgrund der Gravitationswirkung des schwarzen Lochs Materie angezogen, die sich zunächst in einer Akkretionsscheibe um das schwarze Loch sammelt. Stürzt diese Materie in das schwarze Loch, wird harte Röntgenstrahlung (Röntgenstrahlung hoher Energie) sowie Gammastrahlung emittiert. Die Gammastrahlung entsteht aufgrund von Stößen eines heißen Elektronengases mit UV- und weichen Röntgenphotonen. Die Gammaemissionen sind zeitlich variabel. Sporadisch wird auch Annihilationsstrahlung bei 511 keV beobachtet.

1966 wird der Röntgendoppelstern Cygnus X-3 entdeckt. 1983 wird Cygnus X-3 als erste bekannte kosmische Gammaquelle ultrahoher Energie und damit als mutmaßliches Schwarzes Loch identifiziert. Weitere gute Kandidaten für schwarze Löcher sind u.a. die Röntgen- und Gammaquellen Cygnus X-1 und die Röntgennovae Nova Muscae 1991 und Nova Persei 1992.

-- compte 2.gif: Komposit der Gammaquellen GRB 910503 (Gamma Ray Burst), PKS 0528+134 (aktive Galaxis), Crab-Nebel (Supernovarest) und Nova Persei 1992; CGRO



Gammapulsare

Pulsare sind Neutronensterne, die periodisch Radiostrahlung aussenden. Die Periode wird durch ihre Umlaufzeit festgelegt und liegt im Millisekundenbereich. Sechs dieser Pulsare wurden auch im Gammabereich beobachtet. Zwei alte Gammapulsare, Geminga und PSR 1055-52, strahlen fast ihre gesamte Energie im Gammabereich ab. Die Gammastrahlung entsteht durch Wechselwirkung von Elektronen mit den starken Magnetfeldern des Neutronensterns (Synchrotronstrahlung). Die fünf Pulsare Crab, Geminga, Vela, PSR 1706-44 und PSR 1055-52 emittieren Gammastrahlung im Energiebereich > 100 MeV, der Pulsar PSR 1509-58 emittiert weiche Gammastrahlung im Energiebereich von 20-50 keV. Die drei Gammapulsare Crab, Geminga und Vela sind Doppelsterne.



Kerne aktiver Galaxien

Aktive Galaxien enthalten in ihrem Zentrum vermutlich ein gigantisches schwarzes Loch, dessen Masse Millionen Sonnenmassen betragen kann. Dieses schwarze Loch zieht gravitativ Materie aus seiner Umgebung an. die sich in einer Akkretionsscheibe sammelt. Aktive Galaxien zeigen gegenüber normalen Galaxien eine erhöhte Strahlungsaktivität vom Radio- bis in den Gammabereich sowie oft gewaltige Jets, die vom Kern ausgestoßen werden. Alle diese Effekte sind auf die Wechselwirkung des zentralen schwarzen Lochs mit der Materie in seiner Umgebung zurückzuführen. Die Gammaemission dieser Objekte ist, wie die der Schwarzen Löcher in Röntgen-Binärsystemen, zeitlich variabel.



Gamma ray bursts (GRB)

Gammastrahlungs-Ausbrüche, sog. "Gamma ray bursts" (GRB) wurden zufällig Ende der 60er Jahre von amerikanischen VELA-Aufklärungssatelliten entdeckt. Die VELA-Satelliten besaßen Gamma-Detektoren, um Kernwaffenversuche im Weltraum festzustellen. Stattdessen registrierten sie zahlreiche Gammaimpulse aus dem Weltraum. Zunächst wurden diese Ergebnisse geheim gehalten, danach wurden sie durch zivile Gammasatelliten bestätigt.

Pro Tag werden ca. 3 Gammablitze entdeckt. In einem Zeitraum von wenigen Millisekunden bis einigen Minuten wird von einer unbekannten Quelle die Energiemenge freigesetzt, die die Sonne in 10 Milliarden Jahren durch Umwandlung von Wasserstoff in Helium erzeugt. Die Gammablitze sind isotrop über den gesamten Himmel verteilt. Die Gammaphotonen haben meist eine Energie von 100 keV bis 1 MeV.

-- batse1.gif: Homogene Verteilung von 1429 registrierten GRB; CGRO



Aufgrund der geringen Winkelauflösung der Gammadetektoren konnten erst 1997 (Bursts am 28.2. und 8.5.) in zwei Fällen Gammablitze Objekten in anderen Spektralbereichen zugeordnet werden.

Am 28.2.1997 wurde von dem Satelliten Beppo-Sax ein Gammablitz von 80 Sekunden Dauer detektiert und die Position auf wenige Bogenminuten genau bestimmt. Das Röntgenteleskop desselben Satelliten konnte 8 Stunden später an der gleichen Position schnell abklingende Röntgenstrahlung detektieren. Mit optischen Teleskopen konnte von mehreren Observatorien sowie vom Hubble Space Telescope ein schwächer werdender Lichtpunkt im optischen Spektralbereich gefunden werden. Aufnahmen des Hubble Space Telescopes zeigen, daß sich die Gammaquelle offensichtlich in den Außenregionen einer mehrere Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie befindet. Im September 1997 war die Punktquelle noch nachweisbar. Nach einigen Monaten war die Gammaquelle auch im Radiobereich beobachtbar.

-- grb0228b.jpg: Gamma Ray Burst v. 28.2.97, optisch; HST

Der Gammaburst vom 8.5.97 erreichte am 10.5.97 im optischen Spektralbereich sein Helligkeitsmaximum. Am 13.5.97 wurde der Burst auch im Radiowellenbereich nachgewiesen. Mit Hilfe eines optischen Spektrums wurde die Entfernung der Quelle zu 7 Milliarden Lichtjahre bestimmt.

-- compc1.gif: Nachweis des GRB v. 8.5.97 im optischen Spektralbereich; Mt. Palomar Observatorium

Die zur Zeit wahrscheinlichste Ursache der Gamma Ray Bursts wird in einem Strahlungsausbruch bei der Vereinigung von zwei Neutronensternen zu einem Schwarzen Loch gesehen.



Gamma-Linienspektroskopie

Die gammaastronomisch wichtigsten Linien sind:

* die 122 keV-Strahlung von radioaktivem 57Co mit einer Halbwertszeit von 270 Tagen

* die 511 keV-Annihilationsstrahlung (Elektron-Positron-Paarzerstrahlung) sowie die

- 1,8 MeV-Strahlung des radioaktiven 26Al mit einer Halbwertszeit von 713.000 Jahren.



Weitere Linienstrahlungen entstehen durch folgende Prozesse:

* 2,2 MeV-Linie: Neutroneneinfang durch Wasserstoffkerne

* Linienstrahlung durch Stoßanregung von Atomen:

Kohlenstoff: 4,43 MeV; Sauerstoff: 6,13 MeV, 7,12 MeV; Magnesium: 1,38 MeV; Neon: 1,63 MeV; Eisen: 1,24 MeV

* Linienstrahlung durch radioaktiven Zerfall:

56Ni -> 56Co: 847 keV; 56Co -> 56Fe: 1,24 MeV; 57Co -> 57Fe: 122 keV.



Bei Supernovaexplosionen wird 57Ni gebildet, welches mit einer Halbwertszeit von 37,4 Stunden zu 57Co zerfällt. 57Co zerfällt mit einer Halbwertszeit von 267 Tagen zu dem stabilen 56Fe unter Emission von Gammastrahlung der Energie 122 keV. 56Ni zerfällt mit einer Halbwertszeit von 6,4 Tagen zu 56Co, welches mit einer Halbwertszeit von 77 Tagen zu dem stabilen 56Fe zerfällt. Bei der Supernova 1987 A in der Großen Magellanschen Wolke wurde der Zerfall von 56Ni und 56Co beobachtet.

26Al wird durch Kernfusionsprozesse sowohl bei Supernovaexplosionen als auch in späten Entwicklungsstadien massereicher Sterne gebildet. Die Intensitätsverteilung der 1,8 MeV-Linie aus der Gammadurchmusterung der Milchstraße des Compton Gamma Ray Observatory paßt besser zu sog. "Wolf-Rayet-Sternen" (junge, massereiche Sternpopulation) als zu den bekannten Supernovaresten.

-- al26.gif: Verteilung der 1,8 MeV-Quellen in der Milchstraße; CGRO

Bei der Kollision von einem Elektron und seinem Antiteilchen, einem Positron, wird die Masse beider Teilchen vollständig in Energie umgesetzt. Es entstehen zwei quantenmechanisch verschränkte (gekoppelte) Photonen, deren Energie (511 keV) gemäß der Formel E = m * c2 der Masse der beiden Teilchen (Elektron, Positron) äquivalent ist.

In der Milchstraße sind verschiedene 511 keV-Quellen beobachtet worden. Diffuse, großräumig verteilte 511 keV-Strahlung stammt wahrscheinlich von Supernova-Überresten.

Eine 511 keV-Punktquelle befindet sich in einer Entfernung von 600 Lichtjahren vom Zentrum der Milchstraße. Die Ursache dieser Punktquelle ist ein Positronenstrahl, dessen Ursprung außerhalb der Ebene der Milchstraße liegt. Die Herkunft des Positronenstrahls ist bisher unverstanden. Die Quelle wird der "Große Annihilator" genannt.

-- map_wcap.gif: 511 keV-Strahlung der Milchstraße; vertikal: Positronenstrahl; CGRO



Quellen:

National Space Science Data Center (1997): NSSDC Master Catalog Spacecraft; http: nssdc.gsfc.nasa.gov/cgi-bin/database

High energy astrophysics missions (HEASARC) (1997): http://legacy.gsfc.nasa.gov./docs/heasarc/missions

F.R. Paturi (1996): Harenberg Schlüsseldaten Astronomie. Harenberg-Verlag, Dortmund

V. Schönfelder (1994): Das Compton-Observatorium. Spektakuläre Entdeckungen am Gamma-Himmel. Sterne und Weltraum 33, 1/94, 28-35

V. Schönfelder, G. Kanbach (1990): Das Gammastrahlen-Observatorium GRO. Teil 2: Wissenschaftliche Zielsetzung. Sterne und Weltraum 29, 3/90, 157-161

N. Henbest, M. Marten (1984): Die neue Astronomie. Birkhäuser-Verlag, Basel, Bonn, Stuttgart







Kosmische Strahlung

Dr. Rainer Haas

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Geschichte der Untersuchung der kosmischen Strahlung

Im Jahr 1900 vermutet der Atomphysiker und Meteorologe C.T.R. Wilson als Ursache für die elektrische Leitfähigkeit der Luft eine hypothetische Strahlung aus dem Weltraum.

In den Jahren 1901 bis 1909 werden bei Radioaktivitätsmessungen mit Ionisationskammern Reststrahlungen festgestellt, deren Ursprung viele Physiker im Weltraum vermuten.

1908 erfindet der deutsche Physiker J.W. Geiger das nach ihm benannte Zählrohr für hochenergetische subatomare Strahlung.

Die kosmische Strahlung wird 1912 von dem Physiker V.F. Heß bei einem Ballonexperiment mit einer Ionisationskammer entdeckt, der 1936 dafür den Nobelpreis erhält.

1927 ergeben Messungen der kosmischen Strahlung vor und während einer totalen Sonnenfinsternis keine signifikanten Unterschiede in der Intensität der kosmischen Strahlung, weshalb die Sonne als Strahlungsquelle ausscheidet.

1929 werden Teilchen der kosmischen Höhenstrahlung auch in Nebelkammern nachgewiesen. Durch Ablenkungsversuche mit Magneten können Elektronen als Verursacher ausgeschlossen werden.

1948 gelingt es mittels Fotoemulsionen in Höhenballons erstmals, die kosmische Primärstrahlung direkt nachzuweisen.

1950 wird erstmals die kosmische Strahlung mit den Quellen der Radiostrahlung in Zusammenhang gebracht. K.-O. Kiepenheuer erklärt die Radiostrahlung der Milchstraße durch die Bewegung freier Elektronen längs der Feldlinien des interstellaren Magnetfeldes.

1952 entwickeln die Astrophysiker J. Schklowski und V. Ginzburg eine Theorie der Synchrotronstrahlung von Supernovae und Radiogalaxien. Sie erklären die galaktische Hintergrundstrahlung im Radiowellenbereich durch eine Kombination von Synchrotron- und Bremsstrahlung.

1971 werden von dem Satelliten PROTON Spektren der kosmischen Primärstrahlung gewonnen.

1985 erkennen Wissenschaftler der Universität Kiel nach Analyse von 60.000 Teilchenschauern eine räumliche Anisotropie der kosmischen Strahlung im Energiebereich von 1015 eV bis 1016 eV.



Detektion kosmischer Strahlung

Hochenergetische kosmische Strahlung erzeugt beim Eintritt in die Atmosphäre durch Kollision mit Luftmolekülen eine Fülle von Sekundärteilchen und elektromagnetischer Strahlung, die auch von der Erde aus beobachtet werden können.

Kosmische Strahlung besteht aus Atomkernen und Elektronen, hauptsächlich aber Protonen. Diese Teilchen besitzen beinahe Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Bei der Kollision mit einem Luftmolekül werden als Sekundärteilchen hauptsächlich Myonen (negativ geladene Teilchen mit der 200fachen Elektronenmasse) erzeugt, deren Geschwindigkeit niedriger als die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, aber höher als die Lichtgeschwindigkeit in der Atmosphäre ist, sie bewegen sich in der Atmosphäre damit mit Überlichtgeschwindigkeit. Diese Teilchen emittieren sog. "Tscherenkow-Strahlung" im sichtbaren Spektralbereich, quasi ein optisches Analogon zur Stoßwelle eines Überschallflugzeuges. Diese Strahlung wurde erstmals 1934 von dem Physiker P. Tscherenkow beobachtet, der 1958 dafür den Nobelpreis erhielt.

Die schnellen Myonen erzeugen bei weiteren Kollisionen mit Luftmolekülen zusätzliche Teilchen, die die ursprüngliche Flugrichtung des Teilchens der kosmischen Strahlung größtenteils beibehalten, sowie elektromagnetische Strahlung, die isotrop emittiert wird. Am Ende der Kaskade haben die Myonen und weiteren Teilchen durch Stöße soviel Energie verloren, daß bei weiteren Kollisionen Luftmoleküle zur Emission von UV-Strahlung angeregt werden.

Teilchen mit Energien von 1011 eV treffen die Erde mit einer Häufigkeit von einem Teilchen pro m2 und Sekunde, solche mit einer Energie von 1015 eV mit einem Teilchen pro m2 und Jahr und solche mit einer Energie von 1019 eV mit einer Häufigkeit von einem Teilchen pro km2 und Jahr. Das bisher höchstenergetische registrierte Teilchen der kosmischen Strahlung hatte eine Energie von 3 * 1020 eV.



Herkunft der kosmischen Strahlung

Die Herkunft der kosmischen Strahlung mit Energien unterhalb 1016 eV wird auf Supernovae zurückgeführt. Bei einer Supernovaexplosion wird die Außenhülle des Sterns mit Geschwindigkeiten bis zu 10.000 km/s fortgeschleudert und erzeugt im interstellaren Medium eine Schockwelle. Geladene Teilchen des interstellaren Mediums werden von turbulenten Magnetfeldern, die sich hinter der Stoßfront befinden, auf Energien bis 1016 eV beschleunigt. Diese beschleunigten geladenen Teilchen werden vom galaktischen Magnetfeld beeinflußt und beschreiben komplizierte Bahnen.

-- sn1987a_.gif: Supernova 1987a mit ausgestoßenem Hüllenmaterial (Ringe); HST

Die Verteilung der Einschläge in der Erdatmosphäre ist isotrop, aufgrund der Streuung durch die Magnetfelder geht die Information über den Entstehungsort verloren.

Teilchen der kosmischen Strahlung mit Energien größer 1019 eV werden jedoch nicht mehr vom galaktischen Magnetfeld beeinflußt und bewegen sich geradlinig. Auch die Verteilung der Einschläge dieser Teilchen in der Erdatmosphäre ist isotrop. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß diese Teilchen aus dem intergalaktischen Medium stammen.

Teilchen dieser hohen Energien verlieren bei Wechselwirkung mit einem Photon der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung einen Großteil ihrer Energie. Da der Raum pro cm2 ca. 400 Photonen der Hintergrundstrahlung enthält, ist die mittlere Weglänge dieser höchstenergetischen Teilchen auf ca. 30 Millionen Lichtjahre limitiert, was zu einem deutlichen Abfall der Teilchenzahl mit Energien oberhalb von 5 * 1019 eV führen müßte. Zur Zeit (1997) ist die Anzahl der registrierten Teilchen dieser Energie jedoch noch zu gering, um statistische Aussagen zu ermöglichen.

Drei Hypothesen werden als Entstehungsursache dieser höchstenergetischen Teilchen diskutiert:

1) Von Schwarzen Löchern in den Zentren aktiver Galaxien, die eine Milliarde und mehr Sonnenmassen enthalten, wird Materie aufgesaugt. Dabei werden sog. relativistische Jets, d.h. Materieströme, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in den intergalaktischen Raum katapultiert werden, erzeugt.

Diese Jets wurden radioastronomisch nachgewiesen. Nach der Reparatur des Hubble Space Telescopes wurden in mehreren aktiven Galaxien Hinweise starke Hinweise auf zentrale massereiche Schwarze Löcher gefunden.

-- NGC 4261.jpg: Aktive Galaxie NGC 4261; links: Galaxie (optisch) und Jet (Radiobereich); rechts: Kern der Galaxie mit mutmaßlichem Schwarzen Loch; HST



2) Bei der Vereinigung zweier Neutronensterne entsteht ein Schwarzes Loch. Durch die ausgelöste Schockwelle werden Gammastrahlungsausbrüche (Gamma ray bursts, GRB) und höchstenergetische kosmische Strahlung erzeugt.



3) Beim Zerfall von magnetischen Monopolen, Strings und weiteren hypothetischen topologischen Defekten des Raum-Zeit-Gefüges aus der Anfangsphase des Universums würde die gespeicherte Energie in Form von extrem massereichen Partikeln frei, die sofort zerfallen und Teilchenjets bilden. Diese Teilchen hätten Energien von bis zu 1027 eV und könnten, selbst nach Wechselwirkung mit Photonen der Hintergrundstrahlung, bei niedrigeren Energien noch beobachtet werden.



Moderne Detektoren

Zur Zeit werden mehrere Projekte zur Detektion hochenergetischer kosmischer Strahlung realisiert. Aufgrund der geringen Häufigkeit dieser höchstenergetischen Partikel sind große Detektorflächen notwendig.

1988 wird auf den kanarischen Inseln das das Detektorsystem HEGRA (High Energy Gamma Ray Array) mit einer Fläche von mehreren tausend m2 zur Detektion kosmischer Gammastrahlung mit Energien > 1014 eV in Betrieb genommen.

In Japan deckt das AGASA-System eine Fläche von 200 km2 ab, in Utah befindet sich ein Detektorsystem mit einer Fläche von 1.000 km2 im Aufbau.



Quellen:

J.W. Cronin, T.K. Gaisser, S.P. Swordy (1997): Kosmische Strahlung höchster Energie. Spektrum der Wissenschaft 3/97, 44-50

F.R. Paturi (1996): Harenberg Schlüsseldaten Astronomie. Harenberg-Verlag, Dortmund

N. Henbest, M. Marten (1984): Die neue Astronomie. Birkhäuser-Verlag, Basel, Bonn, Stuttgart



Abbildungen sind in diesem Beitrag nicht enthalten.



Der Beitrag ist eine Leseprobe, er wird in der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik erscheinen.

Herausgeber der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik (EN&T) ist der ecomed-Verlag, Rudolf-Diesel-Str. 3, D-8689 Landsberg (http://www.ecomed.de/journals.htm)



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