Monitoring von Grund- und Oberflächenwasser mit gaiasafe-Passivsammlern
Büro für Altlastenerkundung und Umweltforschung, Stadtwaldstr. 45a, D – 35037 Marburg; Tel.: 06421-93084; email: haasr@gmx.net; URL: www.r-haas.de
gaiasafe Passivsammler bestehen aus wirkstoffhaltigen Fasermaterialien auf der Basis von Papier. Sie sind zum Einsatz in Grund- und Oberflächenwasser geeignet.
In Feldversuchen wurden, abhängig vom Milieuzustand des Wassers, Einsatzzeiten von 2 Wochen bis 2 Monaten ermittelt.
Der Passivsammler wird in die Messstelle verbracht, nach Tagen bis Wochen entnommen, getrocknet und in das Labor überführt.
Langzeitversuche haben gezeigt, daß die Substanzen stabil auf dem Sammler gebunden sind: auch nach mehreren Wochen sind sie noch extrahierbar. Dies eröffnet die Möglichkeit der standardisierten Probenahme auch in entlegenen Gegenden der Welt, da der Sammler nach Trocknung mit der Post weltweit verschickt werden kann.
Auf den Sammlern werden Metalloide wie Arsen, Antimon und Selen, Schwermetalle wie z.B. Blei, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Chrom und Aluminium, Actiniden wie Uran und Thorium sowie organische Substanzen, z.B. Nitroaromaten, BTEX-Aromaten, Kohlenwasserstoffe und aromatische Amine, gebunden und können im Labor vom Sammler extrahiert werden.
Exemplarisch wurde die Beladungskapazität für Arsen zu 9% und für Nitroaromaten zu 5% des Sammlergewichtes ermittelt.
Der Einsatz der Passivsammler bietet gegenüber herkömmlicher Wasserprobenahme eine Reihe von Vorteilen:
* Minimierung des Aufwandes für Probentransport, Konservierung, Kühlung und Lagerung
* Anreicherung von Spurenverunreinigungen durch lange Kollektionszeiten
* Mittelung von Konzentrationsschwankungen durch zeitintegrierende Sammlung
* Bestimmung von Schadstofffrachten
* Option von Rückstellproben
* tiefenorientierte Aufnahme von Kontaminations-Profilen in der ungestörten Messstelle
* keine Tiefenlimitierung, damit wirtschaftliche Probenahme z.B. aus Meeren möglich
* optimal geeignet zur Indirekteinleiter-Überwachung in Kanalisationssystemen.
Außer zum kontinuierlichen Monitoring können die gaiasafe-Passivsammler auch zur quantitativen Analyse eingesetzt werden, indem eine Festphasenextraktion vor Ort durchgeführt wird: Sammler werden in eine definierte Menge Wasser für 24 Stunden verbracht, danach sind die Wasserinhaltsstoffe am Sammler stabil sorbiert, der nach Trocknung in ein Labor verschickt werden kann.
Im Rahmen des KORA-Verbundvorhabens, TV 5.1, werden die gaiasafe-Passivsammler zum Grund- und Oberflächenwasser-Monitoring in den ehemaligen Sprengstoff-Fabriken in Stadtallendorf und Clausthal-Zellerfeld eingesetzt. Im Rahmen der Validierung des Passivsammler-Verfahrens werden verschiedene Laborversuche durchgeführt. Da das Stoffspektrum der Sprengstoffe und Metaboliten polare und unpolare Substanzen enthält, sind die Ergebnisse auch übertragbar auf herkömmliche Altlasten-Substanzen.
In Laborversuchen wurden die Sorptionseigenschaften von TNT, RDX, HMX, 2-Amino-4,6-dinitrotoluol, 2,4-Dinitrobenzoesäure und 2,4-Dinitrotoluolsulfonsäure(5) bestimmt. Nach 72 h wurden Sorptionsraten von 89 – 99 % festgestellt. Der Adsorptionsverlauf folgt einer Langmuirfunktion; Sorptionskurven von Arsen, Uran und Thorium zeigen vergleichbare Kinetik.
Die Adsorptionsisothermen von TNT, RDX, HMX, 2-Amino-4,6-dinitrotoluol, 2,4-Dinitrobenzoesäure und 2,4-Dinitrotoluolsulfonsäure(5) zeigen, dass Sättigungseffekte i.A. bei Verwendung von 50 mg Passivsammler und 5 mg Substanz festgestellt werden.
Die Beladungskapazität der Passivsammler liegt für die untersuchten Substanzen bei einigen Gewichtsprozent der Passivsammler. Mit Realproben wurde z.B. für 2,4-Dinitrotoluolsulfonsäure(5) ein linearer Adsorptionsverlauf ohne erkennbaren Sättigungseffekt bestimmt (c = 2 µg/l).
Nach 30 Tagen Kollektionszeit sind die untersuchten Substanzen auf dem Passivsammler gegenüber der Wasserprobe erheblich angereichert. Es werden aus der Passivsammlerprobe mehr Einzelsubstanzen in höheren Konzentrationen nachgewiesen.
Im Laborversuch wurden Einzelsubstanzen über 7 Tage mit 500 ml Wasser extrahiert. Dabei betrugen die Gleichgewichtskonzentrationen auf den Passivsammlern 95 – 99,5 % für Explosivstoffe und 88 – 93 % für polare TNT-Metaboliten. Das Gleichgewicht der Sorption/Desorption liegt also stark auf der Seite der Passivsammler.
Auswirkungen von Fremdsubstanzen auf Adsorptionsvorgänge
Es wurde der mögliche Einfluss von Fremdstoffen auf die Sorptionsvorgänge durch Zugabe anorganischer Salze und Huminate untersucht.
Von den untersuchten Substanzen zeigten lediglich die polaren TNT-Metabolite bei hohen Huminatgehalten eine verminderte Adsorption. Dagegen war bei den anorganischen Salzzuschlägen keine Beeinflussung der Adsorptionsraten festzustellen.
Verschiedene Standorte ehemaliger und heutiger Teerölverarbeitung in Hessen und Nordrhein-Westfalen wurden in den vergangenen Jahren mit gaiasafe-Passivsammlern untersucht. Pro Standort wurden 15 Grundwassermeßstellen strategisch so ausgewählt, dass sowohl Anstrom als auch Abstrom und der Schadensherd selbst erfasst wurden. Je Grundwasssermeßstelle wurden 10 Passivsammler in Meterabständen in die Messstellen verbracht und nach einem Monat entnommen. Die Passivsammler wurden im Labor chemisch-analytisch auf die Teeröl-Bestandteile PAK (16 Einzelsubstanzen nach EPA), Kresole sowie BTEX-Aromaten untersucht. Somit war eine dreidimensionale Kartierung der Schadstoff-Fahne mit einer vertikalen Ortsauflösung von 1 m im ungestörten Grundwasserleiter möglich. Mit den erhaltenen Analysewerten war eine relative Bestimmung der Schadstoff-Fracht möglich.
Die Kalibrierung erfolgte folgendermaßen: Es wurde pro Standort eine Messstelle ausgewählt, bei der mit Wasseruntersuchungen in der Vergangenheit relativ konstante Schadstoff-Gehalte festgestellt wurden. Bei der Bestückung und Entnahme der Passivsammler sowie 4 Wochen vor Bestückung mit Passivsammlern wurden Wasserproben entnommen. Die Analyseergebnisse wurden für die einzelnen Substanzen gemittelt. Von den 10 Passivsammlern wurde ebenfalls der Mittelwert der Ergebnisse gebildet. Durch Division beider Mittelwerte wurde ein stoffspezifischer Umrechnungskoeffizient von µg/g Passivsammler in µg/l Wasser ermittelt. Mit Kenntnis der Fließgeschwindigkeit war nun eine absolute Frachtbestimmung möglich. In verschiedenen Messstellen wurden schwebende Schadstoff-Fahnen kartiert.
Beispiel 3: Monitoring von Deponie-Sickerwasser in Acouedo/Abidjan, Cote d´Ivoire
Im April 2006 wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie mit der Univ. Abidjan, FB Chemie, exemplarisch das Sickerwasser der Deponie Acouedo/Abidjan in der Elfenbeinküste an folgenden vier Stellen mittels Passivsammlern untersucht, die Kollektionszeit betrug eine Woche:
Lix 1: schwarzer Wasseraustritt am Fuß der Deponie
Lix 2: Wasser von Lix 1, 1 km abstromig
Lix 3: nach Zulauf zu einem unbelasteten Bach
Lix 4: Einlauf des Baches in die Lagune.
Ende August 2006 fand die Verkippung kontaminerten Materials von der „Probo Koala“ an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet von Abidjan statt, auch auf der Deponie in Acouedo. Vom 1.9.-7.9. (Probe AC 1) sowie 25.9.-3.10.06 (Probe AC 2/2) wurde die Messstelle Lix 1 erneut mit einem Passivsammler bestückt.
Alle Passivsammler wurden nach der Entnahme unverzüglich getrocknet und nach Deutschland transportiert. Dort wurden die Passivsammler extrahiert und die Extrakte mittels GC/MS auf ihre Inhaltsstoffe untersucht. Folgende Ergebnisse wurden erhalten:
a) Lix 1:
PAK: 2-Ethylacridin, Disopropylnaphthalin, Tetramethyl-biphenyl
Kohlenwasserstoffe: Dimethylethylbenzen, Phenol, Methylphenol, 4,4´-Methylethylidenphenol
Phthalate: Ethylhexylphthalat.
b) Lix 2:
PAK: 2-Ethylacridin
Kohlenwasserstoffe: Dimethylbenzen, Dimethylethylbenzen, Trimethylbenzen, Methylphenol
Phthalate: Dibutylphthalat.
c) Lix 3:
PAK: 2-Ethylacridin
Kohlenwasserstoffe: Toluen, Trimethylbenzen.
d) Lix 4:
PAK: 2-Ethylacridin
Kohlenwasserstoffe: Toluen, Trimethylbenzen
Phthalate: Dibutylphthalat.
e) AC 1:
PAK: Indol, Diisopropylnaphthalin
Aliphatic hydrocarbons: Dodecan
Kohlenwasserstoffe: Toluen, Ethylmethylbenzen, Trimethylbenzen, Phenol, Methylphenol (3 Isomere), Dimethylphenol, Ethylphenol, 4,4´-Methylethylidenphenol
Phthalate: Methylpropylphthalat, Butyldecylphthalat, Dioctylphthalat.
f) AC 2/2:
Kohlenwasserstoffe: Toluene, Xylene, 4,4´-Methylethylidenphenol
Phthalate: Dipropylphthalat.
Die Ergebnisse des Monitorings vom April 2006 zeigen eine Verdünnung der Schadstoffe von der Deponie zur Lagune. Der Einfluß der Verklappung der Rückstände der Probo Koala ist in der Probe AC 1 (im Vergleich zur April-Referenzprobe Lix 1) deutlich am wesentlich größeren Schadstoff-Spektrum zu erkennen. Schon 2 Wochen später sind diese Stoffe allerdings nicht mehr nachweisbar (Probe AC 2/2).
Diese Untersuchung zeigt, dass es mit den gaiasafe-Passivsammlern schnell und auf einfache Art möglich ist, Beweissicherung in Schadensfällen durchzuführen, auch wenn vor Ort keine geeignete Labor-Infrastruktur vorhanden ist.
Literatur:
F.D. Oeste, R. Haas:
Wirkstoffhaltige Fasergebilde und Verfahren zu ihrer Herstellung
Europäisches Patent Nr. 1115469 v. 15.10.03
R. Haas, F.D. Oeste:
Passivsammler zur Wasseruntersuchung
UWSF-Z. Umweltchem. Ökotox. 13 (2001), 2 – 4
R. Haas, F. Pfeiffer:
Gaiasafe passive collectors for water and gas analysis
2nd European Conference on Natural Attenuation, Soil and Groundwater Risk
Management, May 18-20 2005
Book of Abstracts, 107-108 and Poster
R. Haas:
Zeitlich integrierende Wasserprobenahme für STV auf dem Standort
Clausthal-Zellerfeld
KORA Statusseminar 2005 am 22./23.11.05, Vortrag im „Speakers Corner“
R. Haas, F. Pfeiffer:
Water-Monitoring in a WWII explosives factory with gaiasafe passive collectors
KORA Statusseminar 2005 am 22./23.11.05, Poster
R. Haas, C. Sie, A. Krippendorf, F. Pfeiffer:
Waste Water Monitoring in Akouedo/Abidjan, Cote d´Ivoire with Gaiasafe Passive Collectors
Symposium In-Situ-Sanierung 20./21.11.06, Dechema, Frankfurt/Main; Poster