Astronomieseiten von Dr. Rainer Haas



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Interstellare Kommunikation

Rainer Haas



1 Einleitung

Die Milchstraße besitzt ca. 100 Milliarden Sterne in allen Größen und Entwicklungsstadien. Viele dieser Sterne könnten erdähnliche Planeten besitzen, damit ist die Möglichkeit gegeben, daß sich auf diesen Planeten Leben, auch intelligentes, entwickelt hat.

Die Entdeckung protoplanetarer Scheiben um Protosterne und junge Sterne in Sternentstehungsgebieten, sekundärer zirkumstellarer Staubscheiben um entwickelte Sterne (z.B. Wega und beta Pictoris) sowie die Entdeckung massereicher Planeten um nahe, sonnenähnliche Sterne in den letzten Jahren (Extrasolare Planeten, zirkumstellare Scheiben und Braune Zwerge) und die jüngsten Ergebnisse der Jupitersonde Galileo (flüssiges Wasser auf dem Jupitermond Europa?)(Jupiter) legen nahe, daß unser Sonnensystem nicht einzigartig ist. Auch der mittels Radioastronomie und Infrarotastronomie geführte Nachweis komplexer organischer Moleküle in Staubwolken, die potentielle Sternentstehungsgebiete (Sternentstehung) sind, lassen einen breiten Spielraum für die Entstehung von Leben außerhalb der Erde zu [1].



Die Zahl der möglichen technischen Zivilisationen in unserer Milchstraße läßt sich nur schwer abschätzen. F. Drake stellte 1961 eine Formel auf, die sog. Drake-Gleichung:



A = Z * As * Zp * Ze * Al * Ai * Ak * L



A: Anzahl der technischen Zivilisationen in der Milchstraße

Z: Zahl der Sterne in der Milchstraße (100 Milliarden)

As: Anteil der Sterne, die Planetensysteme besitzen könnten (40 Milliarden)

Zp: Zahl der Sterne mit Planeten

Ze: Zahl der erdähnlichen Planeten in einem System

Al: Anteil der Planeten, auf denen sich Leben entwickelt hat

Ai: Anteil der Planeten, auf denen sich intelligentes Leben entwickelt hat

Ak: Anteil der von intelligenten Lebewesen bewohnten Planeten, die über Kommunikationstechnologie verfügen

L: Lebensdauer der technischen Zivilisation



Die Schätzungen der zur Zeit in unserer Milchstraße existierenden technischen Zivilisationen reichen von einer (unserer) bis 4 Millionen. Unter Zugrundelegung des optimistischsten Modells betrüge der mittlere Abstand zweier Zivilisationen, die aktuell Kommunikationstechnologie betreiben, 150 Lichtjahre.

Zwischen Frage und Antwort würden also 300 Jahre vergehen, wenn die Kommunikation mittels Radiostrahlung betrieben wird. Die in der Vergangenheit durchgeführte und zur Zeit andauernde Suche mittels Radiostrahlung wird unten dargestellt.

Der Zeitfaktor spielt bei der Kommunikation mittels Radiowellen eine entscheidene Rolle. Es ist die Frage zu stellen, ob eine Kommunikation bei diesen langen Wartezeiten, mit Ausnahme der grundlegenden Erkenntnis, daß eine weitere Zivilisation existiert, überhaupt sinnvoll ist. Aus diesem Grund werden Überlegungen des Autors über die Möglichkeit einer raumzeitlosen Kommunikation in Echtzeit mittels quantenmechanisch verschränkter Photonenpaare ausführlich an dieser Stelle erstmals dargestellt.



2 Die Suche mittels Radiostrahlung

Im Frühjahr 1960 begann der Astronom Frank Drake mit dem 26 m-Radioteleskop in Green Bank, West Virginia, mit einer ersten systematischen Suche nach Funksignalen extraterrestrischer Zivilisationen. Die Suche wurde bei einer Frequenz von 1420 Megaherz, dies entspricht einer Wellenlänge von 21 cm, durchgeführt. Radiowellen von 21 cm Wellenlänge werden von neutralem Wasserstoff ausgesandt und sind somit, da Wasserstoff das häufigste Element ist, eine Art "kosmischer Standardfrequenz". Auch wird Strahlung dieser Wellenlänge nicht vom interstellaren Medium absorbiert und kann Planetenatmosphären ungehindert durchdringen. Es wird angenommen, daß außerirdische technische Zivilisationen die gleichen Überlegungen anstellen und im Bereich der 21 cm-Linie Signale senden und nach Signalen suchen. Ob diese Annahme jedoch statthaft ist, wird von einigen Wissenschaftlern ernsthaft bezweifelt.

Bei den mit dem "Projekt Ozma" untersuchten ca. 300 nahen sonnenähnlichen Sternen wurden keine künstlichen Radiosignale entdeckt.

Im Projekt "Ozma 2" wurden 1972 bis 1976 674 Sterne auf die Anwesenheit künstlicher Radiosignale untersucht. 1976 bis 1982 wurden das "Serendip"-Projekt, eine Durchmusterung des gesamten Himmels nach künstlichen Radiosignalen, durchgeführt.

Ab 1992 wird eine weltweite, großangelegte Suche nach künstlichen Radiosignalen durchgeführt. Mit dem sog. "SETI"-Projekt [Search for Extraterrestric Intelligence] sollen mittels modernster Technik 800 sonnenähnliche Sterne bis zu einer Entfernung von ca. 100 Lichtjahren auf 28 Millionen Frequenzkanälen gleichzeitig abgehorcht werden. Parallel wird eine vollständige Himmelsdurchmusterung durchgeführt. Das Projekt soll bis zum Jahr 2002 fortgesetzt werden. Große Radioteleskope auf der Nord- und Südhalbkugel der Erde werden dafür eingesetzt [2].

Bisher wurden von keinem der durchgeführten Projekte positive Resultate erzielt. Die Suche gleicht einer Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen: wir wissen weder, welche der 100 Milliarden Sterne wir abhorchen müssen, noch auf welcher Frequenz eventuell gesendet wird. Auch könnten sich fremde Zivilisationen ähnlich wie wir bevorzugt auf das Abhorchen und nicht auf das Senden konzentrieren, was die Erfolgschancen eines Kontaktes erheblich minimieren würde.



3 Möglichkeiten der raumzeitlosen Kommunikation

3.1 Einleitung

Bei gewissen physikalischen Prozessen, z.B. bei der sog. "parametrischen Fluoreszenz" oder bei der Elektron-Positron-Paarzerstrahlung, wird die freigesetzte Energie an zwei Photonen abgegeben. Aufgrund der gemeinsamen Entstehungsursache sind Eigenschaften dieser Photonen, z.B. die Polarisation, derart festgelegt, daß bei Kenntnis (oder der Festlegung) der Eigenschaften eines Photons auch die des zweiten Photons bestimmt sind, das Photonenpaar befindet sich in einem sog. quantenmechanisch verschränkten Zustand.

Wesentlich ist, daß bei Festlegung der Eigenschaft eines Photons das zweite Photon die entsprechende Eigenschaft augenblicklich annimmt, die aktuelle raumzeitliche Entfernung beider Photonen voneinander spielt keine Rolle.

Diese quantenmechanisch verschränkten (korrelierten) Photonenpaare ließen sich theoretisch zur raumzeitlosen Kommunikation mit anderen technischen Zivilisationen in der Milchstraße nutzen.

1997 wurden erstmals von der AG Zeilinger (Univ. Insbruck) erfolgreich Experimente durchgeführt, Information mit quantenmechanisch doppelt verschränkten Photonen raumzeitlos zu übertragen [3].

Die vom Autor entwickelte Photonentheorie fordert den Erhalt der Photonenkorrelationen über beliebige Entfernungen in der Raumzeit. Sie liefert die theoretische Basis der Beschreibung des z.T. exotischen und paradoxen Verhaltens von Photonen, u.a. auch den Kollaps der Wellenfront bei Absorption durch Einführung des Photonenkontinuums als fünfte Dimension, dem Aufenthaltsbereich der Photonen zwischen Emission und Absorption [4].

Der Nachweis, daß die Korrelation auch über weite Strecken, wie von der Photonentheorie gefordert, erhalten bleibt, wurde 1997 durch ein Experiment in der Schweiz erbracht [5].

Im folgenden werden die Möglichkeiten der Nutzung dieses Effektes zur raumzeitlosen Kommunikation dargelegt.



3.2 Prinzip eines potentiellen Photonentheorie-Kommunikators (PT-Kommunikator)

3.2.1 Theoretische Aspekte

Die Photonen stehen gemäß Photonentheorie nicht über das vierdimensionale Raumzeitkontinuum, sondern über das sog. "Photonenkontinuum" in direkter raumzeitloser Wirkungsbeziehung. Das Photonenkontinuum ist eine eigenständige Dimension, die vom vierdimensionalen Raumzeitkontinuum entkoppelt ist. Die beobachtbaren Schnittpunkte beider Kontinua sind der Emissions- und der Absorptionspunkt [4]. Nach Modulation eines der beiden korrelierten Photonen, z.B. durch Polarisationseinstellung mittels eines dritten Modulationsphotons, stellt sich die entsprechende Polarisation am Photon 2, dem Signalphoton, raumzeitlos im Photonenkontinuum ein [3].

Projeziert man diesen Vorgang in unser vierdimensionales Raumzeitkontinuum, könnte man den halbanschaulichen Begriff eines "Photonenwurmlochs" prägen, über das die Polarisationseinstellung des modulierten Photons an das Signalphoton raumzeitlos weitergegeben wird.

Der raumzeitliche Abstand (im vierdimensionalen Raumzeitkontinuum) zwischen dem Sender der korrelierten Photonen und dem Modulationspunkt ist der minimale raumzeitliche Abstand, ab welchem die Information des Signalphotons empfangen werden kann. Theoretisch existiert keine entfernungsabhängige Grenze, wie belegt wurde [5].

Versucht man, den Effekt mit den herkömmlichen Gesetzen des vierdimensionalen Raumzeitkontinuums zu erklären, wird man scheitern. Der Vorgang wird stets als spukhafte, paradoxe Realität unerklärt bleiben [6].



3.2.2 Praktische Aspekte

Der Aufbau eines PT-Kommunikators ist mit den heutigen technischen Mitteln ohne größere Probleme zu realisieren. Man benötigt eine Quelle für korrelierte Photonen sowie zwei Sende- und Empfangseinheiten.

Als Quellen könnten z.B. korrelierte Photonen mittels parametrischer Fluoreszenz erzeugt werden (Photonen im sichtbaren Spektralbereich). Eine weitere Möglichkeit wären Gamma-Photonen. Hier bietet sich die Elektron-Positron-Paarzerstrahlungsreaktion an, mit der pro Elektron-Positron-Paar zwei korrelierte (quantenmechanisch verschränkte) Gammaquanten der Energie 511 keV (sog. Annihilationsstrahlung) mit hoher Ausbeute erzeugt werden können.

Die von der Quelle erzeugten korrelierten Photonen stellen eine "Trägerwelle" dar, die wechselseitig von einer der beiden Sende- und Empfangseinheiten moduliert werden kann.

Die Sende- und Empfangseinheiten müssen über einen Empfänger verfügen, der die Frequenz und die Modulation der Trägerwelle aufnehmen kann. Die Sendeeinheit moduliert Photonen der Trägerwelle, z.B. durch Photonen der Trägerwellenfrequenz, die definiert polarisiert ist. Das entsprechende korrelierte Photon übernimmt die Eigenschaften des Modulationsphotons. Dies kann zur Informationsübertragung genutzt werden.

Durch Drosselung der Leistung der Quelle (Aussendung von Einzelphotonen) ist die Abhörsicherheit zwischen Sende- und Empfangseinheit gewährleistet: treten Lücken im Informationsstrom auf, wird ein evtl. Mithörer sofort erkannt. Diese Möglichkeit wird jedoch nur im Nahbereich realisierbar sein.

Interessante Einsatzgebiete des PT-Kommunikators im Nahbereich (Sonnensystem) sind z.B.:

- abhörsichere Informationsübertragung

- raumzeitlose Kommunikation mit Raumsonden, z.B. zur Direktsteuerung in Echtzeit von Rovern auf anderen Planeten oder Monden des Sonnensystems.



3.3 Möglichkeiten der interstellaren PT-Kommunikation

Für raumzeitlose PT-Kommunikation über große Distanzen (viele Lichtjahre) muß die Quelle korrelierte Trägerphotonen in einem Energiebereich aussenden, der nicht durch das interstellare Medium geschwächt wird. Außerdem muß die Quelle eine große Zahl von Trägerphotonen kontinuierlich über einen Zeitraum von mehreren 10.000 Jahren (projezierte Laufzeit des Lichtes innerhalb des vierdimensionalen Raumzeitkontinuums) emittieren können. Die bei der Annihilation von Elektronen und Positronen entstehenden korrelierten Gammaquanten der Energie von 511 keV erfüllen die beiden o.g. Voraussetzungen.

Zufällig befindet sich die einzige bekannte Punktstrahlungsquelle, die 511 keV-Annihilationsstrahlung aussendet, nahe des Zentrums der Milchstraße (Abb. 1 und 2). Sie ist schon seit den 80er Jahren bekannt und wird als der "Große Annihilator" bezeichnet (xx Gammaastronomie).

Der für die Erzeugung der Annihilationsstrahlung notwendige Positronenstrahl wurde im April 1997 vom Instrument OSSE des Compton Gamma Ray Observatory (CGRO) entdeckt. Bisher ist die Herkunft des Positronenstrahls sowie seine Erzeugungsmechanismen unbekannt (7).



- Abb. 1: Der große Annihilator, schematische Zeichnung (galactr.jpg)

- Abb. 2: Schema der Milchstraße und des Positronenstrahls, überlagert mit einer Radiokonturkarte (founta 2.jpg)



Wesentlich ist die Frage, ob der große Annihilator für PT-Kommunikation genutzt werden kann. Zur aktiven Kommunikation (Sender) wird als Modulator eine 511 keV-Quelle im Weltraum benötigt. Dies übersteigt zur Zeit den Stand der Technik. Korrelierte 511 keV-Photonen können jedoch mit Teilchenbeschleunigern erzeugt werden, wodurch ein Experiment mit doppelt verschränkten 511 keV-Photonen zur Demonstration der prinzipiellen Eignung der Methode auf der Erde durchgeführt werden könnte.

Weiterhin liegt es in absehbarer Zeit im Bereich der technischen Möglichkeiten, in der 511 keV-Strahlung des großen Annihilators nach bereits vorhandenen Modulationen (Informationen) zu suchen.

Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist der große Annihilator bei weitem die aussichtsreichste Quelle korrelierter 511 keV-Photonen. Sollte raumzeitlose Kommunikation mittels korrelierter Photonen möglich sein und bereits von weiterentwickelten technischen Zivilisationen betrieben werden, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß der große Annihilator als Quelle korrelierter 511 keV-Photonen zur Kommunikation benutzt wird.



Quellen:

[1] SETI-Institute Homepage (1998): http://www.seti-inst.edu

[2] Horn, R.M. (1997): Leben im Weltraum. Moewig-Verlag

[3] Bouwmeester, D.; Pan, J.-W.; Mattle, K.; Eibl, M.; Weinfurter, H.; Zeilinger, A. (1997): Experimental quantum teleportation. Nature 390, 575

[4] Haas, R.; Kreysig, D. (1997): Die Photonentheorie. Eine neue Sicht des Denkens. UWSF-Z. Umweltchem. Ökotox. 9, 181-182

[5] Watson, A. (1997): Quantum spookiness wins, Einstein loses in photon test. Science 277, 481

[6] Anon. (1998): Spukhafte Wirkung. Der Spiegel 1/1998, 144-145

[7] NASA Press release 97-83 (1997): Antimatter clouds and fountain discovered in the milky way. http://www.astro.nwu.edu/astro/purcell/511kev_press_release

Abbildungen sind in diesem Beitrag nicht enthalten. Sie können unter den angegebenen Quellen heruntergeladen werden.

Dies ist eine Leseprobe. Dieser Beitrag (mit Bildern) erscheint in der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik; copyright: Rainer Haas, 1998.


Herausgeber der Enzyclopädie für Naturwissenschaft und Technik (EN&T) ist der ecomed-Verlag, Rudolf-Diesel-Str. 3, D-8689 Landsberg (http://www.ecomed.de/journals.htm)



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